Dimethylfumarat (Tecfidera®)

Dimethylfumarat (Tecfidera®) ist für Erwachsene mit schubförmiger Multipler Sklerose zugelassen. Bei einem Teil der Patientinnen und Patienten reduziert Dimethylfumarat die Schubrate und hält die Zunahme der Beeinträchtigung auf.

Dimethylfumarat (DMF) gehört zu den sogenannten Immuntherapien der MS. Sie wurden unter der Vorstellung entwickelt, dass es sich bei der MS vor allem um eine Erkrankung des Immunsystems handelt. Generell zielen diese darauf ab, die Immunreaktionen teilweise zu unterdrücken. Die genaue Wirkungsweise von DMF bei MS ist nicht geklärt. Bekannt ist aber, dass DMF Entzündungen hemmen kann.

Dosis

  • Dimethylfumarat wird zwei Mal täglich (morgens und abends) als Kapsel eingenommen.
  • Die Anfangsdosis beträgt 120 mg zweimal täglich. Nach 7 Tagen sollte die Dosis auf die empfohlene Erhaltungsdosis von 240 mg zweimal täglich erhöht werden.
  • Dimethylfumarat sollte zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Für die Patienten, die unter Hitzegefühl oder gastrointestinalen Nebenwirkungen leiden, kann die Einnahme zusammen mit einer Mahlzeit die Verträglichkeit verbessern.

Gegenanzeigen

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder gegen einen der sonstigen Bestandteile
  • vermutete oder bestätigte progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)

Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft

Die Anwendung von Dimethylfumarat während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht zuverlässig verhüten, wird nicht empfohlen. Dimethylfumarat sollte in der Schwangerschaft nur bei eindeutigem Bedarf angewandt werden, wenn der mögliche Nutzen das potentielle Risiko für den Fötus rechtfertigt. Aus den Zulassungsstudien und tierexperimentellen Daten sind keine teratogenen Wirkungen von Dimethylfumarat bekannt.

TecGistry

TecGistry ist ein internationales Schwangerschaftsregister zur Untersuchung von Schwangerschaftsausgänge von Patientinnen mit Multipler Sklerose mit gleichzeitiger Einnahme von Dimethylfumarat nach dem ersten Tag ihrer letzten Menstruation vor der Empfängnis/während der Schwangerschaft.

Laut untersuchten Daten an bisher 296 Schwangerschaften mit bekanntem Ausgang zeigt die Einnahme von Dimethylfumarat während des ersten Schwangerschaftsdrittels kein erhöhtes Risiko für unerwünschte Schwangerschaftsausgänge.

Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Dimethylfumarat in die Muttermilch übergeht. Es muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Dimethylfumarat verzichtet werden soll. Dabei ist sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.

Fertilität

Daten aus präklinischen Studien weisen nicht darauf hin, dass Dimethylfumarat mit einem erhöhten Risiko verminderter Fertilität verbunden sein könnte

Wechselwirkungen

  • In einer in vivo-Studie führte die gleichzeitige Gabe von Dimethylfumarat und einem kombinierten oralen Kontrazeptivum (Norgestimat und Ethinylestradiol) zu keiner relevanten Veränderung der Exposition des oralen Kontrazeptivums
  • Die gleichzeitige Anwendung von Totimpfstoffen gemäß den nationalen Impfempfehlungen kann während der Dimethylfumarat-Therapie in Betracht gezogen werden.
  • In einer klinischen Studie mit insgesamt 71 Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose, entwickelten Patienten, die für mindestens 6 Monate mit 240 mg Dimethylfumarat zweimal täglich behandelt wurden (n=38) oder nichtpegyliertes Interferon für mindestens 3 Monate erhielten (n=33) eine vergleichbare Immunantwort gegen Tetanustoxoid-, Meningokokken-  und Pneumokokken-Antigene.

Nebenwirkungen

Zu den wichtigsten Nebenwirkungen zählen Flush (Gesichtsrötung), Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Sodbrennen und Durchfälle sowie vorübergehende Hautrötungen („Flush“) und Hitzewallungen. Sehr selten trat eine Progessive Multifokale Leukenzephalopathie (PML) auf, wobei eine langanhaltende Erniedrigung weißer Blutkörperchen (Lymphopenien) eine Rolle spielen dürfte. Aus diesem Grund muss nach Beginn der Therapie alle 3 Monate ein Blutbild, einschließlich Lymphozyten, bestimmt werden.

Symptome einer PML können denen eines MS-Schubs ähneln, wie in etwa einer progrediente Schwäche einer Körperhälfte oder Schwerfälligkeit von Gliedmaßen, Sehstörungen, Veränderungen des Denkens, des Gedächtnisses und der Orientierung, die zu Verwirrtheit und Persönlichkeitsveränderungen führen

KKNMS-Patientenhandbuch Dimethylfumarat (PDF)

Aktualisierte Empfehlungen im Zusammenhang mit Fällen von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) bei leichter Lymphopenie

Monozyten und Lymphozyten, Credit: Canva

  • Bei mit Tecfidera behandelten Patientinnen und Patienten wurden Fälle von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) bei bestehender leichter Lymphopenie (Lymphozytenwert ≥ 0,8 x 109 /l und unter dem unteren Normwert) gemeldet.
    Zuvor war PML nur im Zusammenhang mit einer mäßigen bis schweren Lymphopenie bestätigt worden.
  • Tecfidera ist bei Patientinnen und Patienten mit vermuteter oder bestätigter PML kontraindiziert.
  • Eine Tecfidera-Therapie darf bei Patientinnen und Patienten mit schwerer Lymphopenie (Lymphozytenwerte < 0,5 × 109/l) nicht eingeleitet werden.
  • Falls die Lymphozytenzahl unterhalb der Norm liegt, sollte vor Einleitung einer Therapie mit Tecfidera eine umfassende Abklärung möglicher Ursachen durchgeführt werden.
  • Tecfidera sollte bei Patientinnen und Patienten mit schwerer Lymphopenie (Lymphozytenwerte < 0,5 x 109 /l), die mehr als 6 Monate andauert, abgesetzt werden.
  • Wenn eine Patientinnen oder ein Patienten eine PML entwickelt, muss Tecfidera dauerhaft abgesetzt werden.
  • Die Patientinnen und Patienten sollten angehalten werden, ihre Partner oder Betreuungspersonen über ihre Behandlung und die möglichen Symptome einer PML zu informieren, da diese Symptome wahrnehmen könnten, die von der Patientin bzw. dem Patienten nicht bemerkt werden.

Aktualisierte Empfehlungen im Zusammenhang mit Fällen von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) bei leichter Lymphopenie vom 22. Oktober 2020