Ocrelizumab

Das Immunsuppressivum Ocrelizumab (Ocrevus®) ist für Personen mit schubförmiger Multipler Sklerose und als erstes Medikament zur Therapie der primär chronisch progredienten Verlaufsform von Multipler Sklerose zugelassen. Ocrelizumab wird halbjährlich als Infusion über eine Vene (intravenös) verabreicht. Bei einem Teil der Behandelten reduziert es die Häufigkeit von Schüben und hält die Zunahme der Behinderung auf. Dass Ocrelizumab so selten verabreicht werden muss, liegt daran, dass das Medikament das Immunsystem langfristig beeinflusst. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Infusionsreaktionen und Infektionen. 

Arzt verabreicht junger Patientin Infusion, Foto: Pro Stock Media

Ocrelizumab: Therapie bei aktiver RMS und PPMS durch B-Zell-Depletion

Ocrelizumab ist zum einen für Personen mit schubförmiger Multipler Sklerose mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung, zugelassen. Das schließt auch die schubförmig progrediente MS mit ein, wobei diese Patientengruppe nicht gezielt untersucht wurde. Des Weiteren besteht die Zulassung zur Behandlung von Erwachsenen mit früher primär progredienter MS, charakterisiert anhand der Krankheitsdauer und des Grads der Behinderung sowie Bildgebungsmerkmalen, die typisch für Entzündungsaktivität sind.

Bei Ocrelizumab handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper, der an CD20-positive B-Zellen bindet, die bei Multipler Sklerose eine große Rolle spielen, und führt zur – reversiblen – Elimination dieser Zellen. Das Fortschreiten der Erkrankung wird – besonders bei jüngeren Patientinnen und Patienten mit kürzerer Erkrankungsdauer und nachweisbarer Krankheitsaktivität – gebremst.

Während in Europa für die schubhafte Form der MS insgesamt 16 Medikamente zugelassen sind, steht für Menschen mit primär progredienter MS lediglich Ocrelizumab zur Verfügung. Ocrelizumab kann nach zwei Initial-Infusionen im Abstand von zwei Wochen halbjährlich im niedergelassenen Bereich verabreicht werden.

Erstattung

In Österreich ist Ocrelizumab seit Mai 2019 in der gelben Box bzw. dem gelben Bereich des Erstattungskodex und wird somit bei Patientinnen und Patienten mit schubhafter MS von den Kassen erstattet. Nach Ersteinstellung im Spital wird das Medikament im niedergelassenen Bereich infundiert. In vielen Fällen erfolgt auch bei Patientinnen und Patienten nach chefärztlicher Genehmigung  mit PPMS eine Erstattung durch die Kassen.

Nebenwirkungen

Zu den wichtigsten Nebenwirkungen zählen Veränderung der körpereigenen Abwehr wie grippeähnliche Nebenwirkungen, Kopfschmerzen, Knochenschmerzen, gesteigerte Infektanfälligkeit und in einzelnen Fällen allergische Reaktionen auf die Substanz, Infusionsreaktionen wie Juckreiz, Hautausschlag und Atembeschwerden, leichte bis mittelschwere Infektionen der oberen Atemwege und Kopfschmerzen.

In Studien wurde eine leicht erhöhte Zahl von Krebserkrankungen (insbesondere Brustkrebs) gegenüber Plazebo festgestellt, die aber der Krebsrate der Allgemeinbevölkerung zu entsprechen scheint.

Ein Fall einer Progressiven Multifokalen Leukenzephalopathie (PML) unter Ocrelizumab dürfte auf die vorangegangene Behandlung mit Natalizumab zurückzuführen sein, also eine sogenannte carry-over-Konstellation zu einem Zeitpunkt, zu dem die PML vor der Ocrelizumab-Infusion klinisch noch nicht erkennbar war. Regelmäßige neurologische Kontrollen zum PML-Screening sind anzuraten.

Auftretende Infekte sollten rasch und ausreichend behandelt werden.

Handbuch Ocrelizumab (PDF)