SARS-CoV2-Impfung bei Multipler Sklerose

Die Impfung gegen das SARS-Cov2-Virus ist sicher und daher auch für Multiple Sklerose-Betroffene empfohlen. Die derzeit verfügbaren Impfstoffe können bei Menschen mit Multipler Sklerose mit oder ohne Immuntherapie eingesetzt werden. Die Impfung schützt das Individuum und trägt dazu bei, die Pandemie zu beenden.

von Univ.-Prof. Dr. Barbara Kornek

Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinische Universität Wien, Multiple Sklerose Gesellschaft Wien
5. März 2021

SARS-CoV2-Impfung bei Multipler Sklerose, aktualisierte Empfehlungen. 5. März 2021 (PDF)

auf weißem Tisch liegen Würfel mitz dem Schriftzug Corona Impfstoffe, eine Maske und eine Spritze mit weindendem Coronavirus, Credit: Canva

 

Die Empfehlungen sind in internationaler Zusammenarbeit von Multiple Sklerose-Spezialistinnen und -spezialisten sowie Neurologinnen und Neurologen der MSIF (Multiple Sclerosis International Federation) und ihren Mitgliedsorganisationen entstanden (für Österreich: Univ. Prof. Dr. Barbara Kornek). Sie sind in ungekürzter Form auf der Website der MSIF (www.msif.org/covid19) nachzulesen. Die Empfehlungen des Nationalen Impfgremius für Risikogruppen wurden am 5. März 2021 aktualisiert.

Menschen mit Multipler Sklerose haben per se kein erhöhtes Risiko für eine Covid-19-Infektion oder einen schweren Verlauf der Erkrankung.

Es gibt jedoch bestimmte Umstände, unter denen das Risiko eines schweren Verlaufs auch bei Multiple Sklerose-Betroffenen erhöht ist:

  • Multiple Sklerose-unabhängige Risikofaktoren:
    • Alter
    • Begleiterkrankungen wie Zuckerkrankheit, Übergewicht, Erkrankungen von Herz oder Lunge
  • Multiple Sklerose abhängige Risikofaktoren:
    • Einschränkung der Beweglichkeit (EDSS 6 oder mehr)
    • Therapie-assoziierte Risiken in Abhängigkeit vom Medikament
  • SARS-Cov2 kann eine schwere Erkrankung hervorrufen; die Sterblichkeit beträgt 1-3 %.
  • Alle Menschen mit Multipler Sklerose sollen sich daher impfen lassen.
  • Menschen mit Multipler Sklerose sollen sich impfen lassen, sobald die Impfung für sie verfügbar ist.

mRNA-Impfstoffe

  • Pfizer/BioNTech (Comirnaty) -> EU-Zulassung 21.12.2020
    Moderna (Moderna mRNA) -> EU-Zulassung 6.1.2021

Nicht-replizierende Virusvektorimpfstoffe

  • AstraZeneca/Oxford (Covishield) -> EU-Zulassung 29.1.2021
  • Gamaleya Research Institute (Gam-COVID-Vac oder Sputnik V)

Inaktivierte Virusimpfstoffe

  • Sinovac (CoronaVac)

Proteinimpfstoffe

  • Novavax (NVX-CoV2373)

COVID-19-Impfungen: Empfehlung des Nationalen Impfgremiums zu AstraZeneca

Version 1.2, Stand: 05.03.2021

Das Nationale Impfgremium empfiehlt die Anwendung des Impfstoffes von AstraZeneca ohne oberes Alterslimit entsprechend der Zulassung der europäischen Behörden. Dies gilt uneingeschränkt auch für alle Personen über 65 Jahren, Risiko- und Hochrisikopersonen, entsprechend der Fachinformation.

Auf Grund einer eingeschränkten Datenlage wurde in vielen Ländern eine Empfehlung abgegeben, vorab insbesondere Personen unter 65 Jahren zu impfen. So lautete auch die bisherige Empfehlung des Nationalen Impfgremiums. Auf Grund der nun vorliegenden neuen Daten aus großen Anwendungsstudien der letzten Tage ist eine solche Einschränkung derzeit nicht mehr notwendig.

Impfungen auf Basis der vier beschriebenen Technologien

  • mRNA-Impfstoffe
  • nicht-replizierender Virusvektor
  • inaktivierter Impfstoff
  • Proteinimpfstoff

können bei Multipler Sklerose angewendet werden.

  • Lebendimpfstoffe sollen unter Multiple Sklerose-Immuntherapie nicht angewendet werden.
  • Derzeit sind keine Covid-19-Lebendimpfstoffe verfügbar.
  • Es gibt bislang keinen Hinweis, dass die derzeit verfügbaren Covid-19-Impfungen höhere Risiken für Multiple Sklerose-Betroffene als für Menschen ohne Multiple Sklerose haben.
  • Das Risiko der Covid-19-Erkrankung überwiegt gegenüber einem potentiellen Risiko der Impfung.
  • Familienmitglieder sollen ebenfalls geimpft werden, sobald es möglich ist.
  • Die Impfung kann Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Kopf-, Muskel-, Gelenksschmerzen, Durchfall oder Müdigkeit auslösen. Diese Impfreaktionen sind normal, üblicherweise mild und klingen in der Regel innerhalb von 2-3 Tagen ab.
  • Diese Impfreaktionen können vorübergehend zu einer Verschlechterung von Multiple Sklerose-Symptomen führen. Diese vergehen aber, sobald die Impfreaktion abgeklungen ist.

Interferone, Glatirameracetat, Dimethylfumarat, Teriflunomid, Natalizumab

  • Therapiebeginn:
    keine Notwendigkeit, den Therapiestart aufgrund der Impfung zu verschieben
  • unter laufender Therapie:
    die Impfung unter laufender Therapie durchführen (keine Therapiepause!)

Fingolimod, Siponimod, Ozanimod

  • Therapiebeginn:
    Es kann erwogen werden, die Therapie nach erfolgter 2. Impfung zu beginnen
  • unter laufender Therapie:
    die Impfung unter laufender Therapie durchführen (keine Therapiepause!
  • Wichtig:
    bei aktiver Multipler Sklerose den Therapiebeginn nicht zugunsten der Impfung verschieben!

Alemtuzumab, Cladribin, Ocrelizumab, Rituximab

  • Therapiebeginn:
    Es kann erwogen werden, die Therapie erst nach der Impfung zu beginnen (im Abstand von 2-4 Wochen nach erfolgter 2. Impfung).
  • unter laufender Therapie:
    wenn möglich, die Impfung 4 Monate nach letzter Dosis bzw. 2-4 Wochen vor der nächsten Dosis durchführen
  • Wichtig:
    Es ist möglich, dass dieser vorgeschlagene Zeitabstand derzeit nicht einhaltbar ist. Die Impfung kann daher wichtiger sein als die optimale zeitliche Abstimmung der Impfung auf die Therapie.

Unter bestimmten Therapien kann das Ansprechen auf die Impfung vermindert sein.

  • Fingolimod, Siponimod, Ozanimod
  • Alemtuzumab, Cladribin – in Abhängigkeit vom zeitlichen Abstand der Impfung zur letzten Therapie
  • Ocrelizumab, Rituximab
    • Es gibt hierzu noch keine Untersuchungen, man schließt hier von Daten mit anderen Impfstoffen (z.B .Influenza) auf die Covid-19-Impfung.

Dennoch kann auch ein eventuell reduziertes Ansprechen auf die Impfung das Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs verringern und ist daher ein besserer Schutz als keine Impfung.

  • Eine Impfung soll nicht während eines Multiple Sklerose-Schubes erfolgen.
  • Die Impfung sollte 1-2 Wochen nach Ende einer Cortisontherapie erfolgen.
  • Wenn andere Impfungen notwendig sind, sollen diese im Abstand von 2 Wochen erfolgen. Dies ist kein Muss, sondern eine Empfehlung, um zu beurteilen, durch welche Impfung mögliche Impfreaktionen zustandegekommen sind.

Zusammenfassung

  • Die Impfung gegen das SARS-Cov2 Virus ist sicher und daher auch für Multiple Sklerose-Betroffene empfohlen.
  • Die derzeit verfügbaren Impfstoffe können bei Multiple Sklerose-Betroffenen mit oder ohne Immuntherapie eingesetzt werden.
  • Die Impfung schützt das Individuum und trägt dazu bei, die Pandemie zu beenden.

Links