Hinweise auf schützenden Effekt der Pille in Bezug auf Behinderungsgrad bei RRMS

Eine portugiesische Querschnittsstudie ergab, dass das Serum-Lipoprotein-Profil mit den schützenden Wirkungen von oralen Schwangerschatsverhütungsmitteln in Bezug auf den Schweregrad der schubförmigen Multiplen Sklerose verbunden ist.

Zuckerherzen, Credit: Christina Branco, Unsplash

Geschlechtshormone könnten möglicherweise den Verlauf der Multiplen Sklerose beeinflussen. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, ob die Einnahme der Pille dabei eine Rolle spielt. Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass sich der Fettstoffwechsel auf die modulierende Wirkung der Geschlechtshormone auf die Schwere der RRMS auswirken könnte.

Eine portugiesische Studie hat untersucht, ob die Einnahme der Pille eine Rolle beim Verlauf von MS spielen könnte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Frauen mit schubförmiger MS ein Zusammenhang zwischen dem Profil von Blutfettwerten und dem schützenden Effekt von oralen Verhütungsmitteln bestehen könnte. Möglicherweise könnte dies den Behinderungsgrad der Patientinnen beeinflussen.

Da die Mechanismen, die dem Einfluss von Sexualhormonen bei Multipler Sklerose (MS) zugrunde liegen, weitgehend ungewiss  sind, untersuchte ein portugiesisches Forschungsteam um Armando Sena, ob die Einnahme von oralen Schwangerschaftsverhütungsmitteln wie der Anti-Baby-Pille bzw. Minipille das mit Behinderung verbundene Lipoproteinprofil bei Frauen mit schubförmig remittierender Multiple Sklerose (Relapsing Remitting Multiple Sclerosis, RRMS) verändert. Die Forschenden stellten die Hypothese auf, dass die mutmaßlichen Assoziationen zwischen Lipoprotein-Metabolismus und RRMS durch die Exposition gegenüber Sexualsteroiden moduliert werden könnten.

Zusammenhang zwischen Serumlipidprofil und Schwere der Erkrankung

Im Zuge der Studie wurden vor Beginn der krankheitsmodifizierenden Therapien die klinischen Daten von 133 Frauen mit RRMS mit einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von 6,5 Jahren gesammelt. Die erste Untersuchungsgruppe bestand aus 65 Frauen, die nach dem Krankheitsbeginn orale Verhütungsmittel verwendeten, die 76 Teilnehmerinnen der zweiten Gruppe hatten entweder noch nie orale Kontrazeptiva verwendet oder die Einnahme vor der der MS-Diagnose abgebrochen.

Bei den Pillen-Anwenderinnen wurde kein statistisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen den Blutfettwerten, dem Einsatz von oralen Kontrazeptiva und der jährlichen Schubrate festgestellt. Bei Studienteilnehmerinnen, die keine oralen Verhütungsmittel einnahmen, wurden die Apolipoprotein-E-Werte mit dem Behinderungsgrad (gemessen mit dem EDSS) und der Schwere der Erkrankung in Zusammenhang gebracht.

Die Expanded Disability Status Scale (EDSS) gibt über den Grad der Behinderung von Menschen mit Multipler Sklerose Auskunft. Die Skala reicht von einem EDSS-Wert von 0 bis 10, wobei die EDSS-Grade auf der Untersuchung der funktionellen Systeme wie der Pyramidenbahn (Auswirkung: z.B. Lähmung), des Kleinhirns (Auswirkung: z.B. Tremor, Ataxie), des Hirnstamms (Auswirkung: z.B. Sprach- und/oder Schluckstörung), des Sensoriums (Auswirkung: z.B. Verminderung des Berührungssinns), der Funktion von Blase und/oder Mastdarm (Auswirkung: z.B. Inkontinenz), der Sehfunktion (Auswirkung: z.B. eingeschränktes Gesichtsfeld) sowie der zerebralen Funktion (Auswirkung: z.B. Gedächtnisschwierigkeiten, Wesensveränderung) basieren .

Bei allen Studienteilnehmerinnen wurde eine Assoziation zwischen den Levels des Low-density Lipoproteins und einem höheren EDSS-Grad festgestellt. Daher gehen die Autorinnen und Autoren davon aus, dass das Serum-Lipidprofil bei Frauen mit RRMS mit den schützenden Effekten von oralen Verhütungsmitteln hinsichtlich des Behinderungsgrades zusammenhängt. Weiters vermuten sie, dass der Lipoprotein-Metabolismus an den modulatorischen Wirkungen von Sexualsteroiden auf die Schwere der Erkrankung beteiligt sein könnte.

Low-density Lipoprotein (LDL) dient als Transportvesikel für Cholesterin, Cholesterinester, Triglyceride, Fettsäuren und Phospholipide und die fettlösliche Vitaminen A und E. In beiden Probandinnenenkohorten wurde der Zusammenhang zwischen dem Apolipoprotein E (ApoE)-Polymorphismus und den Plasmalipidspiegeln sowie der annualisierten Rückfallrate, dem Expanded Disability Status Score (EDSS) und dem Multiple Sclerosis Severity Score (MSSS) evaluiert.

Die Analyse ergab einen Zusammenhang zwischen dem Lipoprotein-Spiegel mit niedriger Dichte (LDL) und einem höheren EDSS und MSSS.

Interdisziplinäres Forschungszentrum Egas Moniz, Portugal

Sena A, Macedo A, Ferret-Sena V, Capela C, Pedrosa R. Serum Lipoprotein Profile Is Associated With Protective Effects of Oral Contraceptive Use on Multiple Sclerosis Severity: A Cross-Sectional Study. Front Neurol. 2019 Feb 5;10:60. doi: 10.3389/fneur.2019.00060. eCollection 2019