Gesetz zur Barrierefreiheit auf öffentlichen Websites beschlossen

Das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) verpflichtet Einrichtungen der öffentlichen Hand im gesamten EU-Raum, ihre Websites und mobilen Anwendungen barrierefrei zu gestalten, damit diese für alle Nutzerinnen und Nutzer – vor allem aber für Menschen mit Behinderungen – besser zugänglich sind.

Das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) verpflichtet öffentliche Einrichtungen, ihre Websites und mobilen Anwendungen barrierefrei zu gestalten, damit diese für alle Nutzerinnen und Nutzer – vor allem aber für Menschen mit Behinderungen – besser zugänglich sind.

Der Nationalrat hat am 3. Juli 2019 einstimmig ein Gesetz zur Barrierefreiheit der Websites des Bundes beschlossen.

Das Bundesgesetz über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen (Web-Zugänglichkeits-Gesetz – WZG) verpflichtet Einrichtungen des Bundes, ihre Websites und mobilen Anwendungen nach den WCAG-Richtlinien und somit barrierefrei zu gestalten, damit diese für alle Nutzerinnen und Nutzer – vor allem aber für Menschen mit Behinderungen – besser zugänglich sind. Darüber hinaus regelt das Gesetz, dass sich betroffene User bei Mängeln beschweren und Änderungen durchsetzen können. Dafür kann die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort eine zuständige Stelle einrichten.

Mit dem Gesetz wird eine EU-Richtlinie (2016/2102) umgesetzt. Es gilt auch für Einrichtungen, die Aufgaben im Allgemeininteresse erfüllen, teilrechtsfähig sind und überwiegend vom Bund finanziert oder von ihm beaufsichtigt werden. Ausgenommen sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Ausnahmen gibt es auch für Anwendungen von Schulen und Kindergärten.

Bundesministerin Elisabeth Udolf-Strobl legte dar, dass Behörden zunehmend das Internet nutzen, um ein breites Spektrum an Informationen und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, die für die Allgemeinheit von großer Bedeutung sind. Sie wies daher auf die allgemeine Wichtigkeit des Gesetzes hin.

ÖVP betonte Arbeit der vorigen Bundesregierung bei Digitalisierung

Von Seiten der ÖVP bezeichnete Eva-Maria Himmelbauer das WZG als positive Initiative, um allen Menschen Zugang zu Services des Bundes zu bieten. Für sie passe das Gesetz nahtlos in die Arbeit der vorigen Bundesregierung, die mit der Einführung des „Digitalen Amts“ einen Meilenstein geschafft habe. Ebenso sieht das Christoph Stark (ÖVP), der auf die Barrierefreiheit der Webversion österreich.gv.at hinwies. Seiner Meinung nach dürfe Barrierefreiheit im 21. Jahrhundert keine Diskussion sein. Peter Weidinger (ÖVP) sieht es ebenfalls als selbstverständlich, Technologien dafür zu nutzen, unser aller Leben zu verbessern. Die Umsetzung der EU-Richtlinie mit dem WZG ist für ihn deshalb sinnvoll. Er merkte an, dass Überregulierung die Gesellschaft hemmen kann und sprach damit die Ausnahme für Barrierefreiheit auf Websites von Schulen und Kindergärten an. Man wolle engagierten Lehrerinnen, Lehrern und Eltern nicht durch noch mehr Regeln die Freude an der Sache nehmen.

SPÖ: Entschließungsantrag zur Evaluierung der Ausnahme

Die SPÖ hatte für die angesprochene Ausnahme kein Verständnis. Katharina Kucharowits stellte fest, dass damit Menschen mit Behinderung erneut auf Gleichstellung warten müssen. Das sei unfair und ungerecht. Sie brachte deshalb einen Entschließungsantrag ein, in dem sie vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort einen Bericht zur Evaluation der Auswirkungen auf die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung forderte. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit. Birgit Silvia Sandler (SPÖ) kritisierte außerdem, dass Ausnahmen bei „unverhältnismäßiger Belastung“ möglich sind. „Warum sprechen wir immer von Aufwand, wenn es um Menschen mit Behinderung geht?“, lautete ihre Kritik. Sonja Hammerschmid (SPÖ) bezeichnete das Gesetz als „hoch notwendig und längst überfällig“. Sie führte als positives Beispiel für den Umgang mit Digitalisierung Finnlands Strategie zur Künstlichen Intelligenz an.

FPÖ spricht Rolle der Länder an

Aus den Reihen der FPÖ betonte Sandra Wassermann, dass Rechte von Menschen mit Behinderung den Freiheitlichen ein „Herzensanliegen“ seien. Auch Gerhard Deimek (FPÖ) äußerte sich positiv über das Gesetz und betonte, dass nun auch die Länder entsprechende Regulative beschließen müssen, um bei der Barrierefreiheit nachzuziehen.

JETZT kritisiert digitales Amt

Stephanie Cox (JETZT) bezeichnete es als „untragbar“, dass es im Jahr 2019 immer noch Websites und Apps gebe, die nicht barrierefrei seien. Sie thematisierte in diesem Zusammenhang erneut die App „Digitales Amt“. Weil diese nicht auf Englisch verfügbar sei und keinen barrierefreien Zugang ermögliche, forderte sie in einem gemeinsamen Entschließungsantrag mit Philip Kucher (SPÖ) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS), die Bewerbung des „Digitalen Amts“ zu stoppen, bis das Service ohne Einschränkung funktioniert. Die 1,6 Millionen € Werbekosten solle man besser in den barrierefreien Umbau von Websites und Apps des Bundes investieren. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

Web Accessibility Certificate Austria

Seit 2018 steht in Österreich mit dem Web Accessibility Certificate Austria (WACA) ein unabhängiges Qualitätssiegel zur Verfügung, mit dem barrierefreie Websites ausgezeichnet werden. Werner Rosenberger von der WACA-Initiative begrüßt, dass die Anwendungen des Bundes nun endlich die EU-Richtlinie erfüllen müssen. „Wir von der Initiative WACA befürworten dieses neue Gesetz, da hier klar definiert ist, dass Websites nach internationalen Richtlinien der Barrierefreiheit erstellt sein müssen und somit keine Menschen von Informationen und Dienstleistungen im Internet ausschließen. Sehr positiv zu bewerten ist auch, dass Mängel bei der Einhaltung dieser Anforderungen gemeldet und ihre Beseitigung durchgesetzt werden kann. Das Web Accessibility Certificate Austria ist ein sinnvolles Werkzeug, weil damit die WCAG-Konformität festgestellt werden kann“, so Rosenberger in einer Aussendung der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG).

Klaus Miesenberger, Professor an der Johannes Kepler Universität Linz und Leiter des OCG-Arbeitskreises Barrierefreiheit durch IKT zeigt sich erfreut, dass die umfassende gesetzliche Verankerung für den öffentlichen Sektor in Folge der EU-Direktive Barrierefreiheit im Web „endgültig von einem Almosen oder Goodwill zu einer politisch anerkannten und sozial-wirtschaftlichen Notwendigkeit“ wandelt. Diese sei effizient und nachhaltig umzusetzen. Das WACA Qualitätszertifikat stelle dafür einen wichtiger Baustein und ein hilfreiches Werkzeug dar.

Der Vizepräsident der OCG und Vorstand der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, Klaus Höckner betont, dass verbesserte Zugänglichkeit für alle Vorteile bringt: Durch das WZG gibt es erstmals eine einheitliche Richtlinie für die Barrierefreiheit von Webauftritten der öffentlichen Hand im gesamten Rechtsraum der EU. Dadurch wird ein wesentlicher Schritt zur Zugänglichkeit von Informationen für die 15 % der Bevölkerung geleistet, für die die Umsetzung zwingend notwendig ist. Für die restlichen 85 % erhöht sich die Bedienbarkeit und damit der Komfort.“ Im Zusammenhang mit dem European Accessibility Act (EAA)“ und der Richtline für die barrierefreie Beschaffung im öffentlichen Dienst (EN 301549) sieht Höckner mit diesem Gesetz Schritte in die richtige Richtung von mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.

Wolfram Huber, Geschäftsführer der Accessibility-Agentur doloops accessible web technologies und Vorstandsmitglied von accessible media erklärte, dass mit dem WZG ein längst überfälliges Gesetz den Nationalrat passiert habe. Er appelliert an alle öffentlichen Einrichtungen, darauf zu achten, niemanden von Informationen auszuschließen. Darüber hinaus plädiert Huber dafür, Websites von Unternehmen für alle Menschen zugänglich zu machen.

Web-Zugänglichkeits-Gesetz – WZG

World Wide Web Consortium

Regierungsvorlage Web-Zugortium (W3C)

Web Accessibility Certificate Austria

accessible media

Quelle: Parlamentskorrespondenz, Aussendung Österreichische Computer Gesellschaft (OCG)