Infektionsrisiko in Verbindung mit krankheitsmodifizierenden MS-Therapien

Eine schwedische Kohortenstudie ergab, dass Menschen mit Multipler Sklerose ein allgemein erhöhtes Infektionsrisiko haben dürften, das teilweise von der Wahl der Behandlung abhängt. Bei MS-Therapien, die injiziert werden, war die Infektionsrate unter den mehr als 6.000 Personen der schwedischen Kohorte am niedrigsten. Unter den neueren Medikamenten war die Behandlung mit dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab mit der höchsten Rate schwerwiegender Infektionen verbunden. Bei Personen, die mit Rituximab behandelt wurden, kamen allerdings weniger antivirale Herpesmedikamente zum Einsatz als bei jenen, die eine Fingolimod- oder Natalizumab-Therapie erhielten.

Grafische 3D-Darstellung eines mit Glykoprotein-Tuberkeln besetzten Masernvirus-Partikels. Credit: Public Health Image Library from the Centers for Disease Control and Prevention (CDC)

Grafische 3D-Darstellung eines mit Glykoprotein-Tuberkeln besetzten Masernvirus-Partikels.

Von Multipler Sklerose betroffene Menschen haben laut der schwedischen Studie, die im Fachmagazin JAMA Neurology veröffentlicht wurde, ein allgemein erhöhtes Infektionsrisiko, das im Zusammenhang mit der verlaufsmodifizierenden Therapie steht. Insgesamt wurden in der schwedischen Untersuchung die Daten von 6.421 Personen mit Multipler Sklerose mit jenen von 42.645 Personen einer Vergleichskohorte verglichen. Von den MS-Betroffenen wurden 3.260 Personen mit Rituximab, 1.588 mit Natalizumab, 1.535 Personen mit Fingolimod und 2.217 Personen mit Interferon beta/Glatirameracetat behandelt.

Die Auswertung ergab, dass die Infektionsrate unter den Personen mit Interferon beta- und Glatirameracetat-Therapie am niedrigsten war. Bei den neueren MS-Therapien war die Off-Label-Anwendung von Rituximab mit der höchsten Rate schwerwiegender Infektionen verbunden.
(Die Bezeichnung „Off-Label-Anwendung“ bezieht sich laut dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen allgemein auf die Anwendung von Arzneimitteln außerhalb der Bedingungen ihrer Zulassung. Eine Off-Label-Anwendung erfordert eine erhöhte Sorgfalts- und besonderer Aufklärungspflichten.)

Insgesamt wurden 6421 Patienten (davon 6.186 Frauen, 3.260 Personen unter Rituximab, 1.588 unter Natalizumab, 1.535 unter Fingolimod und 2.217 unter Interferon beta / Glatirameracetat) sowie eine Vergleichskohorte von 42.645 Personen eingeschlossen. Das mittlere Alter der Multipler Sklerose-Betroffenen lag zu Beginn der Therapie zwischen 35,0 und 40,4 Jahren.

Die rohe Infektionsrate war bei Personen mit Multipler Sklerose, die Interferon beta und Glatirameracetat einnahmen, mit einer Inzidenzrate von 8,9 höher als in der Allgemeinbevölkerung mit einer Inzidenzrate von 5,2 Ereignissen pro 1.000 Personenjahre. Bei Personen, die Fingolimod einnahmen, betrug die Inzidenzrate 14,3 pro 1.000 Personenjahre. Bei Personen, die Natalizumab-Infusionen erhielten, belief sich die Inzidenzrate auf 11,4 pro 1.000 Personenjahre, während sie unter der Rituximab-Therapie 19,7 pro 1.000 Personenjahre betrug. Nach der Berücksichtigung möglicher Einflussfaktoren blieb die Rate für Rituximab signifikant höher, jedoch nicht für Fingolimod oder Natalizumab im Vergleich zu Interferon beta und Glatirameracetat. Im Gegensatz dazu war die Verwendung von antiviralen Herpesmedikamenten während der Behandlung mit Rituximab ähnlich wie bei Interferon beta und Glatirameracetat, sie war auch niedriger als bei Natalizumab und Fingolimod.

Gustavo Luna, Peter Alping, Joachim Burman et al.: Infection Risks Among Patients With Multiple Sclerosis Treated With Fingolimod, Natalizumab, Rituximab, and Injectable Therapies. JAMA Neurol. 2019 Oct 7. doi: 10.1001/jamaneurol.2019.3365. [Epub ahead of print]