Regierungsprogramm 2020 bis 2024

Das am 2. Jänner 2020 präsentierte Regierungsübereinkommen der Koalition aus ÖVP und Grünen für die Jahre 2020 bis 2024 enthält hinsichtlich der umfassenden gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen begrüßenswerte Ansätze. Allerdings fehlen konkrete Maßnahmen zur Herstellung umfassender Barrierefreiheit. Wir haben die für Menschen mit Multipler Sklerose wesentlichsten Punkte des 327 Seiten umfassenden Regierungsprogramms 2020 – 2024 zusammengefasst.

Da das auf der Website des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport veröffentlichte PDF weder barrierefrei noch maschinenlesbar ist, erstellten Robert Harm und Jens W. Klein eine barrierefreie Version des Regierungsübereinkommens.

Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020–2024

Stärkung der Grund- und Menschenrechte

Das Regierungsprogramm hat die „Wiederaufnahme der Allparteienverhandlungen zur Erarbeitung eines umfassenden österreichischen Grundrechtskatalogs und Prüfung einer allfälligen Erweiterung des Grundrechtsschutzes sowie Erarbeitung eines einheitlichen Katalogs von Staatszielbestimmungen“ sowie die „Verankerung der Menschenwürde“ festgeschrieben.

Inklusion durch Sport

Das Regierungsprogramm sieht eine Klärung der Förderung im Bereich des Behindertensports vor und möchte die starke Inklusionswirkung von Sport für Menschen mit Behinderungen durch die Entwicklung von geeigneten Einstiegsangeboten in Bewegung und Sport im Zusammenwirken der Behindertensportorganisationen ÖBSV, ÖPC und Special Olympics und dabei insbesondere durch Kooperation mit Institutionen der Behindertenbetreuung möglichst rasch und gezielt fördern. Die Überprüfung der Erhöhung der Förderung des Behindertensports soll den für die Teilhabe in der Gesellschaft von Menschen mit Behinderungen so notwendigen Sportbetrieb im ÖBSV in der bisherigen Qualität weiterhin sicherstellen.
Darüber hinaus soll der eingeschlagene Weg zur Gleichbehandlung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern mit und ohne Behinderungen in Bereichen wie dem Kontingent an öffentlichen Arbeitsplätzen, finanzieller Förderung und Erfolgsprämien, medialer Berichterstattung etc. weiterverfolgt werden.

Armutsbekämpfung

Das Sozialsystem ist dem Regierungsprogramm zufolge als Schutzsystem zu begreifen und soll Erwerbsteilhabe fördern und unterstützen. Ziel ist sowohl die soziale Absicherung von durch Armut betroffenen Menschen als auch die Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ohne Ausgrenzung und Diskriminierung.

Familien mit niedrigen Einkommen sollen im Zuge der Steuerreform durch die Senkung des Eingangsteuersatzes bei der Einkommensteuer von 25% auf 20% sowie der Erhöhung der Untergrenze des Familienbonus von 250 auf 350 Euro pro Kind und des Gesamtbetrages von 1.500 auf 1.750 Euro pro Kind gestärkt werden. Zudem soll es einen One-Stop-Shop für Erwerbsfähige und einen Ausbau der aktivierenden Hilfe (Case Management) geben. Zudem sieht das Regierungsprogramm den Abschluss einer 15a-Vereinbarung für die Betreuung von Sozialhilfebezieherinnen und -beziehern im Regelpensionsalter sowie Menschen mit Behinderungen durch die Pensionsversicherungsanstalt/das Sozialministeriumservice vor, wobei die Kostentragung wie bisher durch die Bundesländer erfolgen soll.

Ehrenamtliches Engagement

„Ehrenamtliche Tätigkeit und zivilgesellschaftliches Engagement“ sollen anerkannt und wertgeschätzt werden  Dies umfasst die Förderung der Anerkennung für das Engagement von Ehrenamtlichen in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft, die Bündelung und den Ausbau auf Bundesebene bestehender Initiativen zu einer „Servicestelle Ehrenamt“ für Ehrenamtliche zu den verschiedensten Problemstellungen, die Prüfung versicherungs- und arbeitsrechtlicher Aspekte ehrenamtlich Tätiger sowie die Etablierung eines bundesweiten Preises für besonderes ehrenamtliches Engagement. Darüber hinaus sollen die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements und dessen Organisationen für die Demokratie anerkannt werden. Die Bundesregierung bekennt sich weiterhin dazu, einen aktiven Dialog und respektvollen Umgang mit Nichtregierungsorganisationen zu fördern. Darüber hinaus sollen Inklusion und Integration in der Zivilgesellschaft und im Ehrenamt gefördert werden.

Pflege

Mehr als 460.000 Menschen beziehen in Österreich Pflegegeld, und mehr als 950.000 Menschen pflegen ihre Angehörigen. Dem Regierungsprogramm zufolge sollen die Bündelung und der Ausbau der bestehenden Finanzierungsströme (Pflegeversicherung) seitens des Bundes dazu beitragen, diese Herausforderungen zu meistern.

In Abstimmung mit den zuständigen Bundesländern soll eine grundlegende Reform der Pflege sichergestellt werden, wobei die Regierung den Fokus auf die bestmögliche Unterstützung von betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen sowie ihrer An- und Zugehörigen und Pflegenden legt. Dazu zählt neben mehr Wertschätzung auch die Möglichkeit, durch präventive Maßnahmen persönliche, gesundheitliche oder gar finanzielle Folgen im Alter abzufedern. Gerade sog. „young carers“ (pflegende Kinder und Jugendliche) sind verstärkt präventiv zu entlasten.
Um Menschen zu ermöglichen, weiterhin in ihrem Zuhause betreut zu werden, wird zur Entlastung der pflegenden Angehörigen die mobile Pflege und Betreuung ausgebaut und weiterentwickelt. Ziel ist es, Entlastungsangebote, wie zum Beispiel eine Ersatzpflege und die Möglichkeit, einmal pro Monat einen pflegefreien Tag zu bekommen, zu schaffen. Die Pflege eines bzw. einer Angehörigen soll möglich und mit dem Beruf vereinbar sein, wenn sie gebraucht wird. Durch ein ausgeweitetes Angebot an Beratung und Information sollen Pflegende zusätzlich in ihrer Arbeit unterstützt werden.

Ziel der neuen Bundesregierung ist es, qualitätsvolle Pflege auch in Zukunft zu sichern. Eine Personaloffensive sowie eine Erweiterung und Flexibilisierung des Ausbildungsangebots werden dem Pflegekräftemangel entgegengesetzt. Um die vorhandenen finanziellen, personellen und fachlichen Ressourcen und Mittel bestmöglich einzusetzen und die zukünftigen Versorgungsstrukturen zu planen, wird es eine neue, engere und strukturierte Zusammenarbeit zwischen allen Akteurinnen und Akteuren geben.

In dieser Legislaturperiode wird die Finanzierung der Palliativpflege und des Hospizes auf sichere Beine gestellt. Weiters ist es wichtig, den Gesundheits- sowie Pflegebereich stets gesamthaft zu betrachten. Ziel muss es sein, durch Prävention und Rehabilitation den Anteil an gesunden Jahren zu erhöhen und somit Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich zu vermeiden.

Unterstützung pflegender Angehöriger

  • Ziel ist die Einführung eines Pflege-Daheim-Bonus für pflegende Angehörige
  • In Zusammenarbeit mit den Ländern: Ausbau der kostenlosen und wohnortnahen Beratung zu Pflege und Betreuung für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige bzw. Case Management in Fragen zu Unterstützungsangeboten, Finanzierung, Rechtsfragen; zur Gestaltung von individuellen Pflege- und Betreuungsarrangements
  • Stärkung der Selbsthilfe und Zivilgesellschaft sowie des ehrenamtlichen Engagements: Stärkere Förderung von Angehörigengruppen, Besuchsdiensten und Koordination von Freiwilligen
  • Pflegefreier Tag als Unterstützung für pflegende Angehörige und Burn-out-Prophylaxe: Ziel ist es, dass Angehörige, die die Pflege und Betreuung übernehmen, das Recht auf einen pflegefreien Tag pro Monat erhalten
  • Unterstützung von Kindern und Jugendlichen als pflegende und betreuende Angehörige: erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber dieser Gruppe und Erarbeitung zielgruppenorientierter und innovativer Unterstützungsangebote
  • Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ist verstärkt das Bewusstsein für die Lebenssituation pflegender Angehöriger zu schaffen, die Pflegeteilzeit oder -karenz beanspruchen (wollen). Es werden Rahmenbedingungen gefordert, die es ermöglichen, individuelle und flexible Arbeitsarrangements zu vereinbaren (z.B. Arbeitszeit, Teleworking …)
  • Die Rahmenbedingungen der selbstständig Erwerbstätigen beim Pflegekarenzgeld werden im Sinne der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert.
  • Pflegende Angehörige von an Demenz erkrankten Menschen unterstützen: In der Demenzstrategie wird eine Reihe von Handlungsempfehlungen beschrieben. Die Regierung setzt einen Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Entlastung und Begleitung von pflegenden Angehörigen. Sie werden über speziell geschultes Personal bzw. ambulante gerontopsychiatrische Dienste und adäquate Betreuungsangebote sowie Tagesbetreuungen mit gerontopsychiatrischem Schwerpunkt unterstützt.
  • Demenzstrategie österreichweit ausrollen und mit Ressourcen versehen
  • Projekt Community Nurses in 500 Gemeinden: Angehörige erhalten professionelle Unterstützung von Community Nurses als zentrale Ansprechpersonen für die zu Pflegenden, die Angehörigen, zur Koordination von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten, medizinischen und sozialen Leistungen sowie zur Koordination von Therapien. Community Nurses haben eine zentrale Bedeutung im Präventionsbereich, also VOR Eintreten der Pflegebedürftigkeit (präventive Hausbesuche ab dem 75. Lebensjahr, Ernährung, Mobilität etc.)
  • Rechtssicherheit für Eltern von Kindern mit chronischer Krankheit bzw. Behinderungen in Abstimmung mit den Ländern: Kinder mit chronischen Erkrankungen oder einer Behinderung brauchen Sicherheit für ihr weiteres, selbstbestimmtes und abgesichertes Leben nach dem Tod der sie pflegenden Eltern, auch wenn diese Kinder im Erwachsenenalter sind. Dazu gilt es, Wohn- und Arbeitsmodelle zu erarbeiten und zur Verfügung zu stellen.
  • Ausweitung der Möglichkeit der Selbst- und Weiterversicherung als pflegende Angehörige: Die Geltendmachung dieser Versicherung soll auch länger als 3 Jahre rückwirkend möglich werden. Mit der Pflegegeldzuerkennung soll eine automatische Information über die Pensionsversicherungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige erfolgen.
  • Anspruch auf Pensionsversicherung auch ohne vorangegangene Erwerbszeiten

Weiterentwicklung des Pflegegeldes

Die Neubewertung der Einstufung nach betreuendem, pflegerischem und medizinischem Bedarf soll unter besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen erfolgen. Darüber hinaus sind eine Verbesserung der Demenzbewertung und die Entwicklung eines Pflegegeldsystems vorgesehen, in dem alle Bedarfe berücksichtigt sind. Der Pflegegeld-Einstufungsprozess soll weiterentwickelt werden (Mehr-Augen-Prinzip).

Digitalisierung in der Pflege

Die Digitalisierung soll eine Arbeitsalltagserleichterung bewirken. Es wird der Nutzung des bestehenden E-Card-Systems für Pflegeleistungen überprüft, darüber hinaus soll es die Möglichkeit zur anonymisierten Nutzung von Pflegedaten zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Weiterentwicklung des Pflegesystems unter Berücksichtigung des Datenschutzes geben. Zudem ist die Etablierung einer umfassenden Informationsplattform für Betroffene und Angehörige geplant, damit Informationen besser zur Verfügung gestellt werden.

Pensionen

Das Regierungsprogramm sieht den Abschluss einer 15a-Vereinbarung für die Betreuung von Sozialhilfebezieherinnen und -beziehern im Regelpensionsalter sowie Menschen mit Behinderungen durch die Pensionsversicherungsanstalt bzw. das Sozialministeriumservice vor, wobei die Kostentragung wie bisher durch die Bundesländer erfolgt.

Darüber hinaus wird die zielgerichtete Optimierung der Altersteilzeit im Hinblick auf Förderung und Erhalt der Gesundheit am Arbeitsplatz angestrebt. Betriebe sollen verstärkte Anreize für erhalten, gezielt Gesundheits- und Alter(ns)management zu betreiben, das Arbeitsumfeld altersgerecht und gesundheitsfördernd zu gestalten sowie passende Arbeitsmodelle anzubieten. Das Modell der Wiedereingliederungsteilzeit soll geprüft und ausgeweitet werden. Mit der Kooperation zwischen Krankenversicherung, AMS und Pensionsversicherung soll die Prävention von Berufsunfähigkeit effektiv  betrieben und Frühintervention geschaffen werden.

Prävention, Rehabilitation und Erwerbsintegration vor Pension – Early Intervention

Ein klientinnen- und klientenorientiertes Case Management unter Berücksichtigung beruflicher Belastungen soll die Gesundheit der einzelnen Menschen erhalten sowie die Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen sowohl in gesundheitlicher als auch in beruflicher Hinsicht erhöhen.

Die Regierung möchte bereits bei drohender beruflicher Einschränkung (noch vor Rehageldbezug) ein Case-Management etablieren und berufsbegleitende ambulante Rehabilitationsmaßnahmen entwickeln und ausbauen, auch im Bereich der Telerehabilitation, insbesondere für Gruppen, die bisher für Rehabilitationsmaßnahmen schwer erreichbar waren. Zudem sollen ein Erstattungsmodell für ambulante Rehabilitationsmaßnahmen im Ausmaß der Dienstverhinderung etabliert und die Wirkung von Rehabilitations- und Umschulungsgeld auf die soziale Absicherung der Betroffenen etabliert werden. Maßnahmen der beruflichen und medizinischen Rehabilitation sollen auch für Menschen ohne Berufsschutz zur verfügung stehen. Darüber hinaus ist vorgesehen, die ambulante Rehabilitation auszubauen.

Schnittstelle Arbeitsmarkt

Schnittstelle Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen

Das Regierungsprogramm sieht Maßnahmen zur längerfristigen Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen sowie Vermittlung(-sbestrebungen) in den ersten Arbeitsmarkt durch Eingliederungshilfen und Lohnkostenfördermaßnahmen und in den zweiten Arbeitsmarkt (durch z.B. sozialökonomische Betriebe) vor. Es soll keine automatische Arbeitsunfähigkeitsfeststellung bei Jugendlichen unter 24 Jahren geben.

Schnittstelle Arbeitsmarkt für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen

Angebote niederschwelliger Beschäftigung für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wollen mit Gesundheitsangeboten und Therapien kombiniert werden.

Prävention und Gesundheitsförderung

Das Regierungsprogramm sieht u.a. den substanziellen stufenweisen bedarfsorientierten Ausbau der Sachleistungsversorgung bis 2024 im Bereich der psychischen Gesundheit mit dem Ziel der Bedarfsdeckung und die Aufwertung und stärkere Vernetzung der Selbsthilfegruppen vor.

Die Rechte von Patientinnen und Patienten sollen durch die Überprüfung im Bereich der verschuldensunabhängigen Regelung von Schadensfällen, den Fokus auf das Projekt „Der gelungene Patientenkontakt“ und den Anspruch auf Information in „Leichter Sprache“ aufgewertet werden. Die  Treffsicherheit der Rezeptgebührenbefreiung und -obergrenze sowie Heilbehelfe bei Kindern und Jugendlichen sollen ananlysiert werden. Es ist keine Ausweitung von Selbstbehalten für Arztbesuche im ASVG vorgesehen.

Gesundheitsversorgung

Folgende Maßnahmen sollen zur hochqualitativen, abgestuften, flächendeckenden und wohnortnahen Gesundheitsversorgung beitragen:

  • Aufwertung der Bundes-Zielsteuerungskommission (Evaluierung und Stärkung der sektorübergreifenden Zusammenarbeit), z.B. Abstimmung im Bereich der Heilmittel
  • Telefonische Erstberatung 1450 aufwerten und weiterentwickeln
  • Telemedizinische Behandlung bestmöglich umsetzen
  • Weiterentwicklung der E-Card als Schlüssel für papierlose Prozesse unter Berücksichtigung des Datenschutzes (E-Impfpass, E-Rezept, E-Befund, E-Transportschein, E-Medikation)
  • Digitalisierung auch in medizinischer Forschung, Diagnose und Behandlung vorantreiben
  • Ausnahmslose Nutzung von anonymisierten Daten zu wissenschaftlichen Zwecken
  • Wissenschaftliche Evaluierung der Implementierung von International Classification of Primary Care-2
  • Ausbau der Primärversorgung, die den Bedürfnissen der Versicherten entgegenkommt (z.B. Etablierung von Allgemeinmedizinischen Akutordinationen, vor oder in den Spitälern zur vorgelagerten Versorgung)
  • Ausbau von Primärversorgungseinheiten und Facharztzentren – flexible Kooperationsmodelle
  • Stärkung der integrierten Versorgung bei chronischen Krankheiten (Ausbau von Disease-Management-Programmen)
  • Wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Kassenärztinnen und Kassenärzte

Menschen mit Behinderungen/Inklusion

Österreich hat im Jahr 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention – mit dem Ziel, die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft sicherzustellen – ratifiziert. Die nächsten Jahre sind nun der intensiven Umsetzung zu widmen. Ziel ist es, unter Einbeziehung aller Ministerien und Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter inklusive Maßnahmen zu erarbeiten und zeitnah umzusetzen. Der barrierefreie Zugang ist nicht nur physisch zu begreifen, sondern auch als elementarer Bestandteil des Zugangs zu Information, Leistungen, Beratung und Betreuung. Hier trägt jeder Politikbereich im Sinne der Inklusion Verantwortung, auf die Bedürfnisse und Interessen von Menschen mit Behinderungen einzugehen.

Die Bundesregierung bekennt sich zu klaren Maßnahmen, die eine bestmögliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft und in die Arbeitswelt ermöglichen und vorhandene Barrieren in allen Lebensbereichen beseitigen. Generell gilt es, Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen niederschwelliger und einfacher anzubieten sowie den bürokratischen Aufwand so klein wie möglich zu halten.

Diese Bundesregierung legt ein besonderes Augenmerk auf die Bereiche Bildung und Arbeit. Hier gilt es, als längerfristiges Ziel ein inklusives Bildungssystem zu schaffen, in dem alle Kinder und Jugendlichen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um am gemeinsamen Unterricht teilnehmen zu können. Kinder mit speziellem Förderbedarf bzw. Behinderungen werden bestmöglich in den Regelunterricht einbezogen und qualitativ hochwertige (Sonder-)Pädagogik wird sichergestellt, wo immer sie nötig ist. Dafür braucht es weiterhin ausreichend qualifiziertes und geschultes Personal und eine Ausweitung inklusiver Angebote im Schulsystem.

Menschen mit Behinderungen sollen einen freien Zugang zu allen Bildungsformen, bis hin zum tertiären Bildungsweg, haben. Dafür müssen den Bildungseinrichtungen die nötige Ausstattung und Hilfsmittel bereitgestellt, Lehrpersonen und Assistentinnen bzw. Assistenten ausgebildet und das Berufsausbildungsangebot ausgebaut und entsprechende Barrieren abgebaut werden. Um den Übergang und Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, wird die Regierung durch eine Beschäftigungsoffensive mehr Menschen mit Behinderungen als bisher in Erwerbsarbeit bringen und Unternehmen stärker dazu ermutigen, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Neben einer Evaluierung der Fördermittel braucht es vor allem einen Abbau der Zugangshürden und Bürokratie. Außerdem werden Angebote im Schnittstellenbereich zur Ausbildung.

Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen wie Tageswerkstätten arbeiten, müssen in Zukunft Lohn statt Taschengeld bekommen. Damit erfahren sie nicht nur eine würdevolle Wertschätzung ihrer geleisteten Arbeit, sondern sind dadurch auch sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Die notwendigen Schritte dahin sind gemeinsam mit den zuständigen Bundesländern zu erarbeiten.

Es ist der Regierung ein besonderes Anliegen, dass Maßnahmen für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden. Dazu gehört auch die Erarbeitung bundeseinheitlicher Rahmenbedingungen zur „Persönlichen Assistenz“. Unter anderem wird zu diesem Zweck die Einführung eines Inklusionsfonds geprüft.

Inklusion im Bildungssystem bis zum tertiären System

  • Laufende barrierefreie Ausstattung von Bildungseinrichtungen
  • Laufende Bereitstellung der benötigten Hilfsmittel und Infrastruktur
  • Weiterentwicklung der Qualität pädagogischer Angebote für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und barrierefreier Bildungswege sowie ausreichend gut ausgebildete (Sonder-)Pädaoginnen bzw. Pädagogen und Assistentinnen bzw. Assistenten für alle Bildungsangebote (Bedarfsgerechte Erhöhung der sonderpädagogischen Stunden im Bereich des Regelunterrichts, Ausbau der Ausbildung von ÖGS-Dolmetscherinnen bzw. -Dolmetschern)
  • Überarbeitung der Lehrpläne im Sinne einer aktiven Inklusion
  • Verstärkung der Berufsausbildungsangebote und diskriminierungsfreier Zugang zu allen Ausbildungen
  • Wiedereinsetzung des Consulting Boards
  • Stärkung des inklusiven Bildungssystems: Kinder mit speziellem Förderbedarf bzw. Behinderungen werden bestmöglich in den Regelunterricht einbezogen und qualitativ hochwertige (Sonder-)Pädagogik wird sichergestellt, wo immer sie nötig ist.

Inklusion am Arbeitsmarkt

  • Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderungen und verstärkte Angebote im Schnittstellenbereich zur Schule
  • Evaluierung der Fördermittel und Abbau der Zugangshürden bzw. Bürokratie
  • Lohn statt Taschengeld: Gemeinsame Erarbeitung der Umsetzungsschritte mit den Stakeholdern

Selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft

  • Prüfung der Schaffung eines Inklusionsfonds
  • Bedarfsgerechte Finanzierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des NAP
  • Forcierung der Umsetzung des NAP mit allen Ministerien und unter Einbeziehung der Stakeholder
  • Erarbeitung bundeseinheitlicher Rahmenbedingungen zur „Persönlichen Assistenz“ in allen Lebensbereichen unabhängig von der Art der Behinderung
  • Schaffung eines One-Stop-Shops für Hilfsmittel und Heilbehelfe, für Beratung, Begleitung und Betreuung, für „Persönliche Assistenz“ und eine Schnittstelle AMS/SMS/Länder/Sozialversicherung

Stärkung des Forschungsstandortes

Die neue Bundesregierung bezeichnet die Stärkung der Grundlagen- und der angewandten Forschung als besonderes Anliegen und kündigt an, auf EU-Ebene für die Stärkung und den Ausbau von Horizon Europe (2021 bis 2027) einzutreten. Unter anderem sieht das Regierungsprogramm den Ausbau der Forschungsförderung und die Einrichtung einer Exzellenzinitiative vor.

Barrierefreie Version des Regierungsprogramms

Da das auf der Website des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport veröffentlichte PDF weder barrierefrei noch maschinenlesbar ist, erstellten Robert Harm und Jens W. Klein eine barrierefreie Version des Rgerierungsübereinkommens.

Regierungsprogramm 2020-2024 (barrierefrei und maschinenlesbar)

 

Regierungsprogramm (barrierefrei und maschinenlesbar)