Multiple Sklerose-Betroffener Waldviertler unterstützt Klimaklage

Der von Multipler Sklerose betroffene Mex M. und Rechtsanwältin Michaela Krömer reichten am 9. April 2021 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Europäische Klimaklage gegen Österreich ein. Nun wird eine Antwort des Gerichtshofes in Straßburg erwartet.

Frau hält brennenden Erdball, Text: Klimaklage, Credit: Canva

Der von Multipler Sklerose betroffene Waldviertler Mex M. zieht mit Rechtsanwältin Mag. Michaela Krömer vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Er argumentiert, dass der österreichische Staat seine Grundrechte auf Leben und Gesundheit nicht adäquat vor der Klimakrise schütze. Beim Beschwerdeführer Mex M. tritt bei höheren Temperaturen das sogenannte Uhthoff-Phänomen auf, sodass er ab einer Temperatur von 25° C seinen Rollstuhl benötigt.

Während seiner Zeit beim Präsenzdienst entdeckte der mittlerweile verheiratete Waldviertler das Baseball-Spielen für sich und begann, bei einem lokalen Club zu spielen. Nach dem Präsenzdienst studierte Mex. M. an der Universität Wien Theologie und Mathematik. Nach zwei Jahren sattelte er aus persönlichem Interesse auf eine Ausbildung im Bereich erneuerbarer Energien um.

Während des letzten Kollegjahres wurde bei Mex M. Multiple Sklerose diagnostiziert. Trotz seiner chronischen Erkrankung schloss der Waldviertler die Ausbildung mit ausgezeichnetem Erfolg ab und begann 2005 bei einer Energieberatungsfirma zu arbeiten. Beim Baseball-Verein übernahm er parallel die Position des Trainers und Managers. Im Jahr 2006 startete er mit dem berufsbegleitendem Studium Elektronik und Wirtschaft an der Fachhochschule Technikum in Wien.

Bereits während des Studiums trat das erste Mal das Uhthoff Phänomen auf: Ab einer Temperatur von 25 °C benötigt Mex M. einen Rollstuhl. Aufgrund der unangenehmen Folgen der warmen Temperaturen und des Anstiegs der Hitzetage kann er nicht mehr als Baseballtrainer arbeiten, und durch die fortgeschrittene Erkrankung auch keine regelmäßige Arbeit mehr ausüben.

Leitungsblockierung bei höheren Temperaturen

Vom Uhthoff-Phänomen – einer vorübergehenden Verschlimmerung typischer Symptome der Multiplen Sklerose oder der allgemeinen Leistungsfähigkeit unter dem Einfluss von Hitze oder erhöhter Körpertemperatur – sind rund 80 Prozent der Menschen mit Multipler Sklerose betroffen. Dieses lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass Funktionsstörungen vorgeschädigter Nerven durch äußere Hitzeeinwirkung oder erhöhte Körpertemperatur häufiger auftreten als bei normalen Temperaturverhältnissen.

Die temperaturbedingte Verschlechterung der Leitfähigkeit demyelinisierter Axone kann auch eine vorübergehende Minderung der Sehschärfe nach körperlicher Anstrengung bewirken und betrifft neben Multiple Sklerose-Betroffenen auch Menschen mit anderen demyelinisierenden Erkrankungen. Die Symptome können Fatigue verschlechtern und sich im schlimmsten Fall in vorübergehenden, kompletten Lähmungserscheinungen zeigen, bilden sich jedoch stets zurück.

Schutz vor Klimakrise muss als Menschenrecht einklagbar werden

Mandant Mex M. und Anwältin Michaela Krömer brachten am 12. April 2021 die europäische Klimaklage gegen Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verleiht das Recht auf eine wirksame Beschwerde, wenn das Recht eines Menschen auf Leben oder Gesundheit bedroht wird. Ein entsprechendes Urteil könnte weitreichende Folgen für die Gesetzeslage in Österreich sowie auf europäischer Ebene bedeuten und den Weg für weitere Verfahren gegen klimaschädlich handelnde Staaten ebnen.

Laut Rechtsanwältin Michaela Krömer steht Mex M. „beispielhaft für die Millionen von Menschen, die durch die Klimakrise sowohl heute als auch in Zukunft konkret betroffen sind.“ Die Klimakrise sei weder ein Schicksal noch ein rechtsleerer Raum.”

Das Crowdfunding zur Deckung der Verfahrenskosten wurde über die Plattform Respekt.net aufgesetzt und konnte mit Beiträgen von 677 Privatpersonen frühzeitig beendet werden. Die Klimaklage wurde zudem unter anderem von Greenpeace, der Initiative #aufstehn oder Unternehmen wie der Ökostrom AG, Windkraft Simonsfeld und Fairtrade Österreich unterstützt.

Sowohl die portugiesische Klimaklage als auch die der Schweizer KlimaSeniorinnen wurden vom EGMR priorisiert, was nun auch für die am 9. April 2021 beim EGMR eingereichte österreichische Klage erwartet wird.

“Dieser Erfolg ermöglicht es mir, vor Gericht mein Recht auf Gesundheit einzufordern”, erklärte Beschwerdeführer Mex M. “Ein Urteil zu seinen Gunsten wird nicht nur Österreich dazu verpflichten, eine wirksame Beschwerdemöglichkeit und effektive Klimaschutzmaßnahmen zu schaffen, es dient auch als Grundlage für alle anderen Länder, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben haben und der Rechtsprechung des Gerichtshofes unterliegen”, fügt Rechtsanwältin Michaela Krömer hinzu. Damit kann die Klage gegen Österreich eine Chance für insgesamt 820 Millionen Menschen aus 47 Nationen bieten, effektive Klimaschutzmaßnahmen vor Gericht einzufordern.

Quelle: Fridays for Future